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Ist die Hundezucht ein Geschäft?

Maria-Luise Doppelreiter/ ÖKV

 

Immer wieder hört man in der Öffentlichkeit die Meinung, wie hoch der Gewinn eines Züchter wohl sein muss. Die Milchmädchen-Rechnung: 6 Welpen à € 1.200,--, also verdient der Züchter € 7.200,-- geht jedoch bei weitem nicht auf. Vor kurzem habe ich einmal durchgerechnet, was dem Züchter vom Verkaufspreis eines Welpen wirklich bleibt. Sie werden sehen: ein Geschäft ist die Hundezucht nicht!

Anschaffungskosten der Zuchthündin

Diese variieren je nach Alter der Hündin beim Kauf, bereits erzielten Ausstellungs-, Prüfungs-, Zuchterfolgen. Auch eine selbstgezüchtete Hündin hat einen Preis, einerseits entfällt der Verkaufserlös, andererseits entstehen Kosten für die Aufzucht. Zu berücksichtigen ist auch, dass beim Kauf eines Welpen viele Faktoren mitspielen und die gekaufte Hündin vielleicht den Erwartungen in Bezug auf Gesundheit, Wesen oder Aussehen nicht entspricht.

 

Fütterung der Hündin

Die Hündin wird nicht nur während der Trächtigkeit ernährt, sondern ihr Leben lang. Außerdem sind noch zu berücksichtigen die Futterkosten in der Aufzucht (besonders hochwertiges Futter, vermehrte Vitaminbeigaben usw.) und im Alter (möglicherweise Diätfutter). Da die Lebenserwartung je nach Rasse variiert und auch innerhalb der einzelnen Rassen sehr unterschiedlich sein kann, ist dieser Kostenfaktor schwer kalkulierbar.

 

Impfungen/tierärztliche Versorgung

Auch diese Kosten variieren, da nicht voraussehbar ist, wie viele Tierarztbesuche nötig sind. Für die Anzahl der jährlichen Impfungen und der mehrmals jährlich durchgeführten Entwurmung (die auf jeden Fall verabreicht werden) ist wiederum die Lebenserwartung ausschlaggebend.

 

Zusätzliche Tierarztkosten bei Problemen (z. B. Kaiserschnitt ca. € 700,--).

Manche Hündinnen bringen problemlos mehrere Würfe, ohne je einen Tierarzt zu benötigen, andere haben bereits beim ersten Wurf Komplikationen und können danach nicht mehr zur Zucht verwendet werden. Bei den meisten Rassen werden Vorsorgeuntersuchungen (Hüfte, Ellbogen, Schulter, Augen, Gehör, etc.) vorgeschrieben, einige davon müssen einmal, andere jährlich durchgeführt werden.

 

Ausstellungen

Zu beachten sind die Zuchtbestimmungen des jeweiligen Vereins (wie viele Ausstellungen müssen bis zur Zuchtzulassung mindestens besucht werden), oft werden auch jährliche Körungen vorgeschrieben. Mit besonders schönen Hunden besuchen Züchter meist zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland, es entstehen hohe Kosten für Meldegebühren und Reisen.

 

Prüfungen

Verschieden je nach Rasse und Zuchtbestimmungen der einzelnen Klubs. Bei manchen Rassen werden keine, bei anderen sehr kosten- und zeitaufwendige Prüfungen zur Zuchtzulassung vorgeschrieben. Kosten entstehen nicht nur durch die Prüfungstaxe und die Reisekosten zu der(n) Prüfung(en), sondern auch für das meist sehr aufwändige Training. Zahlreiche Fahrten zum Übungsgelände, Bezahlung von Trainingskursen, Helfern, Ausrüstung, bei jagdlicher Ausbildung Apportierwild, und vieles mehr.

 

Späterer Verkauf von Welpen

Oft ist es nicht möglich, für alle Welpen zum Abgabetermin einen Käufer zu finden. Häufig wird es vorkommen, dass einige Welpen länger behalten werden müssen. Es kann vorkommen, dass die letzten Hunde erst mit 1 Jahr oder noch älter (manchmal zum Welpenpreis oder als Geschenk) das Haus des Züchters verlassen. In diesem Fall entstehen nicht nur die Futterkosten, sondern auch zusätzliche Kosten für Impfungen, Entwurmung, Telefonate, Porto, Inserate, evtl. für Ausstellungen und Prüfungen, um den Verkauf zu erleichtern.

 

Abnützung von Einrichtungsgegenständen durch die Welpen

Jeder, der schon einmal einen Wurf großgezogen hat, kann davon ein Lied singen: Teppiche, Möbel, Vorhänge und Handtücher fallen der Zerstörungslust der Kleinen ebenso zum Opfer wie Schuhe und Bekleidung. Besonders bei der Aufzucht eines Wurfes im Wohnbereich sind diese Kosten recht umfangreich. Teppiche und Tapeten müssen ersetzt werden, das Welpenzimmer neu ausgemalt ........

 

Nicht berücksichtigt wurde hier die Arbeitszeit des Züchters: wenn man bedenkt, dass der Züchter für die Fahrt zum Deckrüden und das Werfen der Hündin viele Stunden opfert, in der Folge zwar in den ersten 4 Wochen meist weniger beansprucht wird (sollten jedoch Probleme auftauchen und die Welpen z. B. mit der Flasche gefüttert werden müssen, bedeutet dies Betreuung rund um die Uhr - Fütterung alle 2 Stunden), so ist der Arbeitsaufwand in der zweiten Hälfte der Aufzucht umso umfangreicher. Mehrmals täglich Reinigung der Welpenbox und des Auslaufes, Wechsel von Zeitungspapier, tägliches Abwiegen der Welpen, Beschäftigung, Spiel, Gewöhnen an Leine, usw. Aber auch der Aufwand für die schriftlichen Arbeiten, Gespräche mit Interessenten (am Telefon oder persönlich) sind hier zu berücksichtigen.

Im angeführten Rechenbeispiel gehe ich von einer Hündin mittlerer Größe mit einer Lebenserwartung von 12 Jahren aus, die 5 Würfe mit insgesamt 30 Welpen bringt. Bei vielen Rassen ist der Schnitt pro Wurf bedeutend geringer, bei manchen auch größer – und nur wenige Hündinnen werden so viele Würfe haben, viele nur 1 oder 2. Die Preise sind nach dem heutigen Stand berechnet, wobei anzunehmen ist, dass in Zukunft sich sowohl die Kosten, als auch der erzielbaren Welpenpreis entsprechend erhöhen werden.

 

Kosten für die Zuchthündin:

Anschaffungspreis € 1.200,--

Fütterungskosten (€ 2,-- pro Tag, Lebenserwartung 12 Jahre) € 8.760,--

Jährliche Impfungen € 600,--

Entwurmungen € 240,--

2 Ausstellungen (Mindestanforderung)

Meldegebühr € 120,-- 2 x

Reisekosten zu Ausstellungen € 500,--

HD, ED-Untersuchung, etc. € 150,--

Jährliche Augenuntersuchungen € 250,--

DNA - Tests € 50,-- (bis 250,--)

Ausbildung der Hündin € 500,--

Reisekosten für Ausbildung und Prüfung € 500,--

Schutz des Zwingernamens € 150,--

Gesamtkosten für Zuchthündin € 13.020,--

 

Kosten für die Einrichtung des Welpenzimmers:

Wurfkiste € 300,--

Welpenauslauf € 600,--

Einlagen für Wurfkiste (Vetbed) € 100,--

Kosten für Einrichtung gesamt € 1.000,--

Diese Kosten sind sehr gering angegeben, die meisten Züchter haben bedeutend aufwändigere Einrichtungen, bzw. Zwingeranlagen, die ein Vielfaches dieses Betrages kosten.

 

Fixkosten je Wurf:

tierärztliche Kontrollen vor dem Decken (Abstrich, Entkeimung) € 100,--

Decktaxe* € 700,--

Fahrt zum Deckrüden (2 x 500 km, km-Geld € 0,30 wie Richter) € 300,--

Ultraschalluntersuchung € 70,--

Zusätzliche Fütterung der Hündin (€ 1,-- pro Tag) € 60,--

Aktiv - Impfung während der Trächtigkeit € 50,--

Zusätzliche Entwurmung der Hündin während der Trächtigkeit € 10,--

Himbeerblätter-Tabletten € 10,--

Reinigungsspritze € 50,--

Waschpulver/Strom, Abnutzung Waschmaschine € 50,--

Fotos € 50,--

Reinigungs- u. Desinfektionsmitteln € 10,--

Fahrtspesen (Tierarzt, Wurfabnahme, etc.) € 120,--

Abnützung Einrichtung, neuer Bodenbelag € 150,--

Porto (Einschreiben Deckschein/Wurfmeldung) € 10,--

diverses € 7,--

Fixkosten gesamt € 1.747,--

* Die Decktaxe variiert je nach Erfolgen des Deckrüden, bzw. ist unterschiedlich je nach Rasse.

 

Kosten je Welpe:

Eintragung (ÖKV & Rasseklub) € 50,--

Impfung** € 100,-- Entwurmung € 15,--

Fütterung 30 Tage á € 2,--*** € 60,--

Welpenfibel € 6,--

Gratis - Zubehör € 10,--

diverses € 2,--

Kosten je Welpe € 243,--

** die Kosten der Impfung variieren je nach Tierarzt

*** nicht berücksichtigt wurden hier Probleme, etwa frühere Beifütterung oder Flaschenaufzucht.

 

Angenommen, diese Hündin bringt in ihrem Leben 5 Würfe mit je 6 Welpen:

Kosten für Zuchthündin € 13.020,--

Kosten für Einrichtung Welpenzimmer € 1.000,--

Fixkosten 5 Würfe á 1.747,-- € 10.482,--

Kosten je Welpe - 30 x 243,-- € 7.290,--

Gesamtkosten für 30 Welpen € 31.792,--

 

Dies würde pro Welpe Kosten von € 1.060,-- bedeuten. Rechnet man einen mittleren Welpenpreis von ca. € 1.200,--, kann man aus dieser Aufstellung ersehen, dass Züchten wirklich ein kostenintensives Hobby und kein Geschäft ist. Bei Rassen, wo höhere Welpenpreise üblich sind, handelt es sich oft um Hunde, die entweder einen bedeutend höheren Aufwand in Bezug auf Fütterung und Haltung verursachen oder auch um Zwerghunde, die oft nur 1 oder 2 Welpen pro Wurf bringen. Berechnet wurden nicht die Arbeitsleistung des Züchters, sowie sein Zeitaufwand für Fahrten zu Ausstellungen, Ausbildung, Prüfungen, Tierarzt, usw.

 

Ich hoffe, dass diese Aufstellung niemanden abschreckt, der die Absicht hat, als verantwortungsvoller Züchter zur Verbesserung der jeweiligen Rasse in Hinblick auf Gesundheit, Charakter und Aussehen beizutragen. Züchten ist kein Geschäft - aber ein wunderschönes Hobby. Es gibt nichts Erfreulicheres, als einen Wurf beim Aufwachsen zu beobachten. Die Trennung von den mit viel Liebe und Hingabe aufgezogenen Welpen ist meist schwer, aber umso netter sind dann die Briefe und Telefongespräche mit den Besitzern der kleinen Racker. Die lieben Freunde, die man durch dieses Hobby kennenlernt, sind einfach unbezahlbar!

mit freundlicher Genehmigung von Frau Maria-Loise Doppelreiter verwendet

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